Putin und der Pazifismus – das Ende einer Idee

Ukrainekrieg 2022

Positionspapier des FDP-Kreisvorstandes Tuttlingen

 

Putin und der Pazifismus – das Ende einer Idee

„Friedenspolitik heute“ bedeutet das Beziehen eindeutiger, klarer Positionen. Teile der Ostermarschierer, auch in unserem Landkreis, haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Entgegen deren Auffassung ist ausschließlicher Garant unserer Sicherheit die NATO. Ohne diese wären zuerst die baltischen Staaten, unter Umständen auch Polen und später der Rest Westeuropas im Fokus der russischen Aggression. Wenn weder Gespräche noch gute wirtschaftliche Beziehungen den Frieden sichern und den russischen Expansionsdrang eindämmen können, können noch weniger Friedensdienste, wie von Vertretern der lokalen Friedensbewegung gefordert, dies leisten. Hier sind ein Umdenken und die intensive Auseinandersetzung mit den historischen und politischen Realitäten gefordert. Wer in diesen alten Wunschvorstellungen denkt, beweist Unfähigkeit im Umgang mit Machtpolitikern und wird zu einer Gefahr für unser aller Freiheit.

Erklärungsansätze und Ursachenforschung

Wird Politik nach den Spielregeln von Diktatoren wie Putin betrieben, erweist sich die Idee des Pazifismus als politisch unrealistisch. Politik war zu Zeiten einer UdSSR mit deren klar strukturierter Machtstruktur planbar und berechenbar. Vereinbarungen wurden eingehalten, internationale Normen behielten ihre Geltung. Die Frage nach beiderseitiger Abrüstung galt für beide Seiten als ein politisches Ziel. Forderungen der Friedensbewegung waren zwar teilweise überzogen, hatten aber noch politischen Realitätsbezug.

Das heutige Regierungssystem eines Putins zeichnet sich durch Intransparenz aus. Lüge und Vertragsbruch sind zwischenzeitlich wesentliches Element der russischen Politik. Die Machtkonzentration in einer Hand schafft in Russland Verhältnisse, die vergleichbar den Verhältnissen zur Zeit der Terrorherrschaft Stalins sind. Willkürliche Verhaftungen, Deportationen und Säuberungswellen, die Androhung und Anwendung von militärischer Gewalt gegen die Nachbarn, sind zwischenzeitlich für Putins Machtanspruch die Norm. Hier unterscheidet sich der Politikstil nicht von seinem Vorbild Stalin. Die Schaffung  einer russischen Einflusszone über Gesamteuropa hinweg, zumindest aber die Wiederherstellung seines Machtbereichs in den Grenzen des früheren Warschauer Paktes, ist die Vorstellung neuen „putinschen Friedensordnung“.

Entspannungspolitik alter Prägung unrealistisch

Damit scheitern die früheren Prinzipien einer Entspannungspolitik zu Zeiten der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt und Walter Scheel. Bereits damals galt, eine Politik der Stärke führt zum Erfolg, belegt am Beispiel des NATO-Doppelbeschlusses, verabschiedet während der Regierungszeit von Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher. Dieses Wertesystem hat der heutige Machthaber im Kreml zerstört: Völkerrechtlich verbindliche Zusagen auf territoriale Unversehrtheit und Unabhängigkeit gegenüber der Ukraine haben für Putin keinen Bestand. Einzig eine Politik der Stärke und Unnachgiebigkeit scheint eine Sprache zu sein, die beeindruckt. Der Gedanke der Rücksichtnahme und ein Verzicht auf eigene Stärke bewirken das Gegenteil. Für Putin ist „Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“. Den politischen Interessenausgleich betrachtet er als Symbol der Schwäche: er selbst will ihn vermeiden, bei seinen Kontrahenten aber konsequent ausnutzen.

Pazifismus als falsches Signal

Friedensmärsche, die bedingungslosen Pazifismus einfordern, sich gegen einen Ausbau der Bundeswehr aussprechen und Waffenlieferungen in die Ukraine einschränken, am liebsten vollständig unterbinden wollen, dienen nicht dem Frieden, sondern befeuern die russische Aggression. Damit sendet jeder dieser Märsche, der dies fordert, das falsche Signal.

Positionspapier des FDP-Kreisvorstandes  v. 26.04.2022 | FDP Kreisverband Tuttlingen, Hans-Peter Bensch,